Joseph-Maria-Lutz-Stipendium
Anahit Bagradjans wird neue Stipendiatin

Anahit Bagradjans | Foto: Luca Manuel Kieser

Anahit Bagradjans ist die neue Joseph-Maria-Lutz-Stipendiatin der Stadt Pfaffenhofen. Darauf hat sich die Fachjury bei ihrer jüngsten Sitzung geeinigt. Bagradjans, die 1995 in Krasnodar in der Russischen Föderation geboren wurde, hat in Berlin, Florenz und in Wien studiert, unter anderem Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste. 2021 ist sie mit dem Hauptpreis der EXIL-Literaturpreise der Stadt Wien ausgezeichnet worden.

In der Sitzung Mitte Januar war sich die vom ehemaligen Pfaffenhofener Kulturreferenten, dem Schriftsteller Steffen Kopetzky geleitete Jury mit dem amtierenden Kulturreferenten Reinhard Haiplik, dem Buchhändler Simeon Stadler und der Galeristin Lea Heib schnell einig: Der Text „Von oben gesehen sind alle Toten haarlos“ der aus Goslar stammenden Autorin überzeugte die Jurymitglieder.

Anahit Bagradjans verknüpft darin verschiedene historische Ereignisse: Im Zentrum ihrer kurzen Erzählung steht die Erschießung von Mehmed Talât Pascha, einem Großwesir des Osmanischen Reiches, 1921 in Berlin. Talât war einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs.

In ihrer Begründung hebt die Jury sowohl die Wahl des Stoffes als auch dessen Bearbeitung hervor: Bagradjans stelle nicht nur einzelne historische Fakten zusammen, sondern sie verstehe es, aus einer sehr persönlichen Erzählposition heraus die historischen Ereignisse zu verknüpfen und dabei ihre Bedeutung für die Gegenwart zu formulieren. Die Überblendung verschiedener Zeitstränge verstärke dabei auch die emotionalen Bezüge der historischen Ereignisse zur Gegenwart. Bagradjans Thema sei dabei immer auch der Umgang mit Wahrheit; die Suche nach Wahrheit und das unbedingte Streben nach Wahrheit – gerade die Wahl eines Stoffes wie des Völkermords an den Armeniern bezeuge das.

Die junge Autorin nutzt dabei eine bewusst sehr einfache Sprache, so die Jury weiter, die ihre ganz eigene Dynamik entwickelt. Es entstehe ein erzählerischer Sog. Beeindruckend sei der sehr bewusste und sichere Umgang mit aufs Wesentliche reduzierter Sprache und literarischem Stil, der sich durch starke Bilder auszeichne. Bagradjans Vermögen, in einem kurzen Text sehr komplexe Ereignisse zu schildern, prädestiniere sie besonders für die Aufgabe, einen „Zwischenfall“ für Pfaffenhofen zu verfassen, so die Jury.

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist lagen knapp 80 Einsendungen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum vor. Eingereicht werden konnten bis zu 10 Normseiten Textprobe. Seit Ende November befasste sich die Jury dann mit der Auswahl der Lutz-Stipendiatin bzw. des Lutz-Stipendiaten für das Jahr 2022. Mit Anzahl und Qualität der eingereichten Arbeiten zeigte sich die Jury wieder rundum zufrieden.

Bagradjans wird voraussichtlich Anfang September als diesjährige Lutz-Stipendiatin in den Flaschl-Turm ziehen und die Herbstmonate dort verbringen. Zum Abschluss ihres Stipendienaufenthalts wird sie dann ihren Text über Pfaffenhofen – ihren „Zwischenfall“ – dem Pfaffenhofener Publikum vorstellen. Zudem erhofft sich die Jury von der weitgereisten Autorin, die schon viele Erfahrungen im literarischen Leben gesammelt hat und auch offen für verschiedenste Aspekte der Literatur-Vermittlung ist, eine interessante Belebung des Pfaffenhofener Kulturlebens und spannende Begegnungen mit dem Publikum.

Autor:

Kulturamt Pfaffenhofen aus Pfaffenhofen

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