Jetzt tanzen sie wieder: Es ist Schäfflerzeit! - Nach sieben Jahren startet am 6. Januar die neue Saison

Die Schäffler tanzen die "große Krone" | Foto: Christof Schmidl
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Wenn das Lied „Aber heit is koid“ durch die Straßen der Stadt klingt, begleitet von den Schlägen der Hämmer und den begeisterten Ausrufen der Zuschauer – dann ist wieder Schäfflersaison. Alle sieben Jahre zeigen die Tänzer zwischen dem 6. Januar und dem Faschingsdienstag ihr Können. Dafür müssen sie im Vorfeld zahlreiche Figuren und Schritte erlernen oder auffrischen.

Bereits in der 14. Saison treten die Schäffler des MTV Pfaffenhofen 2019 in der Kreisstadt auf. Der ursprünglich aus der Zunft der Schäffler, also der Fassmacher, entstandene Tanz, begeistert in jeder Saison wieder die Zuschauer. Bei weit über 100, vielleicht sogar 200 Auftritten zeigen die Schäffler zusammen mit den Kasperln ihre Tänze.

Alle sieben Jahre treten die Schäffler eine Faschingssaison lang auf. 2019 dauert die Saison mit über acht Wochen besonders lang, da der Faschingsdienstag erst am 5. März ist. In Pfaffenhofen sind über 40 Leute im Team. Neben den 20 Tänzern gibt es noch je zwei Direktoren, Vortänzer, Reifenschwinger und Fassschläger und je einen Standartenträger und Kreuzträger. Dazu kommen noch einige Kasperl, und hier freuen sich die Schäffler über weibliche Unterstützung: Während der Schäfflertanz selbst ausschließlich Männersache ist, sind als Kasperl auch Frauen und Mädchen gern gesehen.

Mit zum Team gehört auch ein Fahrer, der das Equipment der Schäffler (Reifen, Lautsprecheranlage usw.) transportiert. Unverzichtbar ist auch der große Bus samt Fahrer, den die Firma Stanglmeier in der Schäfflersaison Tag und Nacht kostenlos zur Verfügung stellt. Und das ist auch nötig: Die Schäffler tanzen in einer Saison rund 200 Tänze, meistens am Wochenende. 219 Tänze sind die bisherige Höchstleistung – es liegen aber schon so viele Anmeldungen vor, dass dieser Rekord möglicherweise geknackt wird. In Spitzenzeiten, vor allem zwischen dem Unsinnigen Donnerstag und dem Faschingsdienstag, stehen täglich zehn bis zwölf Tänze auf dem Programm, manchmal sogar bis zu 14, wobei ein Tanz fast 20 Minuten dauert.

Das zehrt an den Kräften, nicht nur der Tänzer. Frauen, Freundinnen, Familien – das Privatleben kommt in der Schäfflersaison sicher zu kurz. Auch werden viele Urlaubstage aufgebraucht und die Bekleidung muss in Teilen selbst gekauft werden. Und dennoch sind auch dieses Jahr wieder genug Begeisterte zusammengekommen, um in die neue Saison zu starten. Heinz Thalmeir, Vorsitzender und einer der beiden Direktoren, freut sich besonders über den starken Nachwuchs: Neun neue Tänzer sind diesmal dabei, viele von ihnen noch sehr jung. Aber auch „alte Hasen“ findet man in den Reihen – der älteste aktive Tänzer ist beispielsweise 63 Jahre alt und mit am längsten dabei ist Hans Gump, nämlich seit 1977.

Die Bestandteile des Tanzes
Wer einmal einen Schäfflertanz gesehen hat – oder beim Glockenspiel am Münchener Rathaus zugeschaut hat – erkennt die Schäffler auf den ersten Blick. Auch am Pfaffenhofener Maibaum sind sie abgebildet. Die Kleidung ist unverkennbar, die Accessoires sind eindeutig. Jeder Tänzer trägt ein weißes Hemd, darüber eine rote Jacke, dazu eine schwarze Fliege. Außerdem eine schwarze Kniebundhose, eine Bauchbinde und das Leder mit dem Wappen, weiße Strümpfe und Trachtenschuhe. Abgerundet wird das Ganze noch durch eine Kappe, an der ein Federbusch befestigt ist. Jeder Tänzer hält einen Aluminium-Reifen, der im Vorfeld von der Gärtnerei Märkl mit frischem Buchs gebunden und einem weiß-blauen Rautenband umwickelt wurde. Vor allem am Anfang der Saison, wenn die Reifen frisch gebunden sind, sind sie sehr schwer. Unverzichtbar sind auch die aufwändig bemalte Standarte, zwei Reifen für jeden Reifenschwinger, ein mit Blattgold überzogenes Kreuz und ein Fass mitsamt Tragegestell und Hämmern.

Aber wofür braucht man all diese Requisiten? Der Tanz besteht aus verschiedenen Einzelelementen, die jede Schäfflertanzgruppe anders gestalten kann. Die MTVler tanzen folgenden Ablauf:

  • Los geht es mit dem Aufmarsch unter Führung des Vortänzers. Die Gruppe tanzt in einen Kreis ein und begrüßt den Tanzbesteller.
  • Für die „Laube“ tanzen die Schäffler in eine parallele Reihe, wechseln einen Griff mit dem Gegenüber, so dass die Kränze eine Laube bilden, durch die der Vortänzer durch tanzt.
  • Es folgen der „Schlangentanz“ und die „kleinen Kronen“, für die sich immer fünf Tänzer zusammenschließen. Dabei tanzen sie um die zwei Fassschläger herum, die im Rhythmus der Musik mit ihren Hämmern auf ein Fass schlagen.
  • Anschließend bilden alle Tänzer gemeinsam das wichtigste Element des Schäfflertanzes, die sogenannte „große Krone“. Dabei befestigt jeder ein Ende seines Reifens am Kreuz in der Mitte, wodurch alle 20 Reifen zusammen eine Krone bilden.
  • Ein weiterer Höhepunkt ist das Reifenschwingen. Der Reifenschwinger stellt zwei gefüllte Schnapsgläser in seine Reifen (sie sind nicht befestigt) und schwingt diese mit den Gläsern durch die Luft. Dabei soll möglichst nichts verschüttet werden, was aber durchaus mal passieren kann – und auch fliegende Gläser gab es schon. Der Reifenschwinger richtet sich dann an den Tanzbesteller, der ein Glas leeren darf. Die Schäffler lassen ihn hochleben.
  • Der Tanz endet mit dem Abmarsch der Schäffler.

Kooperation mit der Stadtkapelle
„Schäfflertanz geht nicht ohne Musik“ – so formuliert es der Direktor Heinz Thalmeir. Bei den Pfaffenhofener Schäfflern kommt diese Musik aber nicht vom Band, sondern von der Stadtkapelle. Sie begleitet die Tänzer zu allen ihren Auftritten und zwar mit hoher Besetzung. 15 bis 20 Musiker spielen bei jedem Schäfflertanz, die Musiker wechseln durch. Kornelia Walter, die Vorsitzende der Stadtkapelle, bezeichnet die Schäffler und die Stadtkapelle als eine „große Familie“: Die beiden Gruppen sind seit vielen Jahren Partner, und wegen dem guten Miteinander und der guten Stimmung ist die Stadtkapelle immer gern dabei. Die Schäffler proben bereits seit September jede Woche, zunächst mit Musik vom Band, und seit Anfang Dezember ist auch die Stadtkapelle mit dabei.

Historische Entstehung des Schäfflertanzes
Wie und wann genau der Schäfflertanz entstanden ist, dazu gibt es verschiedene Theorien und Vermutungen. Nach der weit verbreiteten, aber durchaus umstrittenen Meinung soll der erste Tanz 1517 in München stattgefunden haben, anlässlich einer Pestzeit. Damals sollen die Münchner Schäffler mit dem Tanz die Bewohner der Stadt nach draußen gelockt haben, um die allgemeine Stimmung zu verbessern und zu zeigen, dass die Gefahr vorbei ist und man wieder raus gehen darf.

Seit 1760 wird das Schauspiel alle sieben Jahre aufgeführt – warum, auch das ist unklar. Vermutungen zielen auf ein verstärktes Auftreten der Pest alle sieben Jahre, auf die Sieben als Glückszahl oder auf eine herzogliche Anordnung, die zu häufige Feierlichkeiten der Zünfte verhindern wollte.

In seiner geläufigen Form wurde der Tanz erst im 19. Jahrhundert choreografiert, und das unter entscheidendem Einfluss der Nürnberger.

In Pfaffenhofen reichen die Wurzeln des Schäfflertanzes nach Recherchen des Stadtarchivars Andreas Sauer bis ins 19. Jahrhundert zurück. Regelmäßig wird der Tanz seit 1930 vom MTV aufgeführt, unterbrochen vom Zweiten Weltkrieg. (Weiteres zur Historie des Schäfflertanzes in Pfaffenhofen finden Sie hier).

Die Pfaffenhofener Schäffler tanzen aber bei weitem nicht nur im Stadtgebiet, sie traten schon einige Male national und sogar international auf: So gab es unter anderem schon Einladungen auf die Grüne Woche in Berlin, aufs Brezelfest in Speyer, in Markus Wasmeiers Freilichtmuseum am Schliersee und nach München. Auch Auftritte in Salzburg oder in Brüssel vor dem EU-Parlament wurden schon gemeistert. Dazu kamen diverse überregionale Schäfflertreffen. Und auch im Fernsehen waren die Pfaffenhofener Schäffler mehrmals zu sehen, und zwar nicht nur bei Filmaufnahmen über den Tanz: Auch in der Folge „Der Tanz der Schäffler“ der ZDF-Krimiserie SOKO 5113 treten die Pfaffenhofener Tänzer auf.

Von Dreikönig bis Faschingsdienstag läuft die Schäfflersaison in Pfaffenhofen. Der erste Tanz findet traditionell am 6. Januar vor dem Rathaus statt, der letzte Tanz vor dem Vereinsheim der Schäffler, das ist neuerdings der Salverbräu. Bei diesem letzten Tanz werden die Reifen des Reifenschwingers zerbrochen, begleitet von seinem letzten Spruch: „Ihr Brüder wir haben geschwungen, zu Ehren von Stadt und von Land, ich hoff, es ist uns gelungen, zu Eurer Freud unsere Tat. Wir haben die Kreise gezogen, so wie es immer schon war, und bitt Euch, bleibt auch gewogen, in Zukunft treu der Schäfflerschar. Ein letztes Mal grüß ich euch alle, die Tänze, sie sind nun vorbei, mein letztes Hoch nun erschalle, die Reifen, ich breche sie entzwei.“ Nach diesem Tanz endet diese Schäfflersaison für die nächsten sieben Jahre, die Verbundenheit zwischen den Tänzern bleibt aber auch in der Pause bestehen, denn „einmal Schäffler, immer Schäffler“.

Autor:

PAF und DU Redaktion aus Pfaffenhofen

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