Und täglich grüßt das Findeltier

Dieses ganz junge Kätzchen wurde, zusammen mit drei kranken Geschwisterchen, von den Tierherberglern aufgelesen  
(Foto: Paul Ehrenreich)
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Die Zahl der ausgesetzten, verwahrlosten, misshandelten Haustiere nimmt zu, auch bei uns im Landkreis. Der Tierschutzverein Pfaffenhofen sagt: Dagegen kann man etwas tun!

Es gehört zum Alltag in der Tierherberge Pfaffenhofen: ein herrenloses Fundtier wird abgegeben. Der Besitzer: unbekannt. Tags darauf wird ein Rudel von vier Minikatzen wird eingefangen, nur wenige Wochen alt, voller Flöhe, verdreckt, in maladem Zustand. Eines der Tiere ist so krank, dass es bereits tags darauf eingeschläfert werden muss, den anderen dreien geht es langsam besser. Auch für diese vier fühlte sich niemand zuständig. Erst kürzlich der Fall des ausgesetzten Katers Archie (wir berichteten). Der war, in eine kleine Transportbox eingepfercht, mit nichts versorgt außer ein paar Luftlöchern. Und ist dann direkt vor der Tierherberge abgestellt, nein: „entsorgt“ worden. Wer auch immer Archies Besitzer gewesen sein mögen: Sie handelten im Bewusstsein „Ich brauche und will ihn nicht mehr. Mögen sich jetzt andere um ihn Tier kümmern“.

Von Jahr zu Jahr werden es immer mehr Tiere, die, aus welchen Gründen auch immer, im Tierheim landen, berichtet man von der Weiberrast. „Das müsste nicht sein“, sagt Manuela Braunmüller, die Vorsitzende des Tierschutzvereins. „Wir werden Fundtiere und ausgesetzte Tiere wohl nicht komplett vermeiden können. Aber es gibt durchaus Möglichkeiten, ihre Zahl erheblich zu senken.“

Zunächst sollten Menschen, die sich ein Haustier anschaffen wollen, bewusst sein, dass dieses Tier kein Spielzeug ist, das man in die Ecke legt, wenn es keinen Spaß mehr macht. Jedes Tier macht Arbeit, verdient Aufmerksamkeit, will gepflegt sein und kann, neben Futter und Impfungen, erhebliche Arzt- und Medikamenten-Kosten verursachen, sollte es ernsthaft krank werden. Ist man bereit und finanziell imstande, dafür aufzukommen? Ein Tierarzt darf ein Tier nicht einschläfern, nur weil es krank ist und deshalb Geld kostet, unter Umständen sehr viel Geld. Kein verantwortungsvoller Tierarzt wird sich bereiterklären, es einzuschläfern, nur weil es „zu teuer“ geworden ist. Abgesehen davon, dass es ohnehin verboten wäre, es deswegen einzuschläfern.


Kastration, Kennzeichnung und Registrierung

Dann der Klassiker: „Das kleine Hündchen sah sooo drollig aus beim Händler. Wir mussten es einfach mitnehmen.“ Muss man wirklich? Spontankäufe sind vielfach der Grund, warum diese Tiere oft wenig später im Tierheim landen. Das Kind hat die Lust daran verloren, die Eltern waren eh von Anfang an dagegen; außerdem passte das Viecherl nicht in die straffe Terminplanung oder zum Stil der Einrichtung. Also ab ins Heim. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, riet Schiller vor mehr als 200 Jahren in ‚Die Glocke‘. Bereits in der übernächsten Zeile kommt die Ernüchterung: „Der Wahn ist kurz, die Reu‘ ist lang.“ Eine Nacht drüber schlafen, erspart Frust; besser sind zwei oder drei Nächte. Denkt Filius dann überhaupt noch an das süße Hündchen?

Allein damit wird sich die Katzenflut allerdings nicht dämmen lassen. Allerdings gibt ein durchaus wirksames Mittel, das in vielen deutschen Städten und Gemeinden praktiziert wird – mit Erfolg. Dort schreibt die sogenannte „Katzenschutzverordnung“ verbindlich vor, dass jede Freigängerkatze kastriert sein muss. Und zusätzlich einen kleinen Chip unter der Haut trägt, eine Art Katzenausweis, der Informationen darüber enthält, wem das Tier gehört. Eine schnelle Rückgabe spart dem Tier Stress durch einen Aufenthalt im Tierheim, dem Besitzer erspart er die Sorge um sein Viecherl.

Der Tierschutzverein Pfaffenhofen unterstützt und fördert die Idee. Manuela Braunmüller, Vorsitzende des Tierschutzvereins in Pfaffenhofen: „Das schlägt mit geringem Aufwand ziemlich viele Fliegen. Erstens bremst die Kastration von Freigängern die unkontrollierte Vermehrung von Katzen naturgemäß erheblich. Zweitens wird das Handwerk von zwielichtigen, unseriösen Züchtern und Händlern deutlich erschwert, weil sich anhand eines Chips die Herkunft der Tiere zurückverfolgen lässt. Jeder Tierbesitzer würde davon profitieren, weil versehentlich verloren gegangene Tiere innerhalb kürzester Zeit ihrem Besitzer zurückgegeben werden könnten. Stattdessen sitzt der Liebling manchmal Wochen, ja Monate, bis der Eigentümer ausfindig gemacht ist und wieder daheim sein darf. Der Diebstahl wertvoller Tiere ist sinnlos, weil über den Chip der tatsächliche Besitzer festzustellen ist. Ein gestohlenes, aber gechiptes Tier ist legal praktisch nicht verkäuflich. Zusätzlich würden illegale „Tierentsorgungen“ zum Beispiel an der Autobahn fast unmöglich, weil man den Verursacher über den Chip problemlos identifizieren kann. Wir halten das für ein sehr nützliches und wirksames Instrument.“

Zukunftsmusik? Keineswegs!

In 11 von 16 Bundesländern haben sich Städte und Gemeinden dieser Verordnung angeschlossen (Stand: August 2018). In Hessen beispielsweise 28, in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen jeweils rund 90, in Schleswig-Holstein 30. In Bayern gibt es dieses Mittel bisher nicht.

Den Grund dafür nennt Andreas Brucker vom Präsidium des Deutschen Tierschutzbundes, Landesverband Bayern: „Wir arbeiten seit langem an dieser wichtigen Maßnahme. Derzeit liegt die Sache im bayrischen Innenministerium. Wir haben dort mehrfach nachgefragt, aber bisher keine konkrete Antwort erhalten. Wie lange es dauern wird, und was herauskommt, wenn der Berg irgendwann gekreißt hat, ist offen.“


Paul Ehrenreich


Autor:

Tierschutzverein Pfaffenhofen und Umgebung e.V. aus Pfaffenhofen

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