Zum 70. Gedenkjahr an Flucht, Vertreibung und Deportation

Leo Schurius
Obmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Stadt- und Kreisverband Pfaffenhofen im Bund der Vertriebenen

Gedanken zu einem bitteren Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte

Es war das Schicksalsjahr 1945. Niemand ahnte damals nach dem Ende des verbrecherischen Nazi-Regimes, dass gleich nach Kriegende, gleich wieder ein neues großes Verbrechen stattfinden sollte:
Die Entrechtung und Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten in einer kaum vorstellbaren Größenordnung. Es war die größte ethnische „Säuberung“ des 20. Jahrhunderts in Europa. Von den mehr als 18 Millionen Deutschen im Osten verloren mehr als 14 Millionen infolge von Flucht, Vertreibung und Deportation ihre Heimat.

Diese vielen Millionen waren es, die die größten Opfer brachten, denn es war der zwangsweise Verlust von Hab und Gut, Wohnung und Grundbesitz, von sozialen Kontakten zu Freunden, Verwandten und Bekannten, des Hausrats, von Fotos, Andenken und Dokumenten.

Im den Jahren 1945/46 wurden hunderttausende deutscher Zivilisten in Internierungslagern zusammengetrieben und zum Teil noch vor Ort zur Zwangsarbeit gezwungen. Die vielen Transporte nach Deutschland verliefen häufig unter furchtbaren Bedingungen. Viele überlebten diese nicht. 700.000 wurden als „lebende Reparation“ zur Zwangsarbeit in sowjetische Arbeitslager bis hinter den Ural nach Sibirien abtransportiert. Jeder zweite Verschleppte überlebte diese Zeiten dort nicht.

Über die schlimmen Verbrechen an Deutschen nach Kriegsende wurde in der Weltpresse nur sehr spärlich und wenn, dann unter dem Aspekt der Siegermächte berichtet. Auch jetzt nach so vielen Jahren wird in den Vertreiberstaaten nicht die Wahrheit gesagt. Der einstige amerikanische Präsidentschaftskandidat Buchanan sagte schon 20 Jahre nach Kriegsende: „Die Welt weiß alles, was die Deutschen getan haben. Die Welt weiß nichts, was den Deutschen angetan wurde“.

Über das, was vor und während des „Abschiebung“, der „ordnungsgemäßen Überführung“, wie man diesen Vorgang auch nannte und was dabei an Schlimmem geschah, wissen oft und allein nur die Zeitzeugen und deren Familien selbst.

Was bei deren Ankunft in Deutschland alles passierte, davon sollte auch mehr gesagt und geschrieben werden. Löblicher Weise fand der jetzige Bundespräsident Joachim Gauck beim ersten gemeinsamen „Tag der Heimat“ in Deutschland 2015 ehrlichere Worte zum 70. Jahrestag der Vertreibung, als einst „Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985, der den Tag der deutschen Kapitulation, den „Tag der Befreiung“ nannte und dabei die vielen Millionen Vertriebener scheinbar vergessen hatte.

Gauck sagte unter anderem: Vertriebene seien damals häufig diskriminiert und mit üblen Ausdrücken beschimpft und als rückständige Habnichtse gebrandmarkt worden. Noch jahrelang seien sie bei Festen und Gottesdiensten der Einheimischen ausgegrenzt, bei der Arbeitsplatzsuche benachteiligt worden. Wörtlich sagte der Bundespräsident: „Es dauerte lange, bis Deutschland ein in sich selbst ausgesöhntes Land wurde. Ein Land, in dem die einen Heimat behalten und die anderen Heimat neu gewinnen konnten. Ein Land, in dem sich die einen nicht fremd und die anderen sich nicht ausgegrenzt fühlten“.

Rückblick:
Wie aus verschiedenen Geschichtsquellen hervorgeht, kamen im Laufe des Jahres 1946 in 19 Transporten mehr als 13.000 Ausgewiesene vor allem aus dem Sudetenland und Schlesien sowie auch aus den anderen deutschen Ostgebieten im Landkreis Pfaffenhofen an. Dazu kamen noch der Zeitung vom 21.1.1947 zufolge 1o14 Evakuierte und 778 Ausländer. Sie alle mussten zunächst notdürftig untergebracht und verpflegt werden. Allein in der Kreisstadt Pfaffenhofen und in den jetzt eingemeindeten Orten waren es über 2000 Heimatvertriebene. Man brachte sie zunächst notgedrungen in den noch aus Kriegszeiten vorhandenen Baracken, in Wirtshaussälen und auch in den von den Besatzern beschlagnahmten Privatwohnungen unter. Dass es dabei zu Spannungen kam, war nicht verwunderlich.
Doch da diese vielen deutschen Zwangsvertriebene die gleiche Sprache, Bildung und christliche Religion mitbrachten, konnte die Integration verhältnismäßig schnell beginnen.

Ausblick
Für die sudetendeutsche Landsmannschaft bedeutet das kommende Jahr 2016 die 70. Wiederkehr des Vertreibungsgeschehens und die Ankunft in Stadt- und Landkreis. Wir Zeitzeugen und Nachgeborene werden die traurigen Ereignisse bei der Ankunft und Unterbringung 1946, aber auch die gelungene Integration bei unseren Heimatnachmittagen in Erinnerung rufen. Der „Tag der Heimat“ im September 2016 wird dabei der Mittelpunkt sein.

Autor:

Sudetendeutsche Landsmannschaft aus Pfaffenhofen

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