seit über 90 Jahren Holz und Blech - Stadtkapelle Pfaffenhofen -

Zum 90jährigen Jubiläum der Stadtkapelle Pfaffenhofen

Musik gab es in Pfaffenhofen a. d. Ilm schon immer, denn bereits vor dem 1. Weltkrieg existierten in Pfaffenhofen zwei sog. „Stadtkapellen“, die weitum bekannte „Kapelle Alois Finsterer“ und die „Stadtmusik II“ unter Bernhard Krammel. Die Kapelle Finste-rer könnte man eigentlich als Vorgänger der heutigen Stadtkapelle bezeichnen; denn „mit dem Ableben des Führers der Privatmusikkapelle Finsterer übernahm aus freiem Ermessen und mit Rücksicht auf den Niedergang der hiesigen Streich- und Blasmusik
deren Führung unser Musiklehrer“ ist in den spärlichen Aufzeichnungen über die Gründungsjahre der Stadtkapelle im Stadtarchiv zu lesen. Dieser Musiklehrer, von dem hier die Rede ist, hieß Anton Schöttl, und dieser hatte nach dem Tode Finsterers bis 1931 die Leitung der, bis dahin noch ausschließlich männlichen, Kapelle inne.

Die ersten Anfänge waren Standmusik an den höchsten Feiertagen und Beteiligung an den kirchlichen Prozessionen. Bald beteiligte sich die Stadt mit Zuschüssen beim Kauf von Noten und verlieh Anton Schöttl den Titel „städtischer Musikmeister“.
Nach dem Tod von Anton Schöttl im Februar 1931 ernannte die Stadt Pfaffenhofen Max Weinberger als seinen Nachfolger. Er, wie auch schon vor ihm Anton Schöttl, führte ein strenges Regiment. Dem eingefleischten Kirchenmusiker Weinberger lag aber auch die „weltliche Musik“ sehr am Herzen, und so begann er unverzüglich, jun-ge Musiker auszubilden. Und sogleich wurden aus den anfangs 15 Mann 28.
Die folgenden Jahre brachten manche gravierende Veränderungen. Der zweite Welt-krieg brach aus, und bereits kurz vorher war die Stadtkapelle mit anderen Kapellen zum „Kreismusikzug“ zusammengezogen worden. Private Auftritte waren fast nicht mehr möglich und auch während der Kriegsjahre rührte sich nicht mehr viel.
1946 kam Max Weinberger aus der Kriegsgefangenschaft zurück und begann mit dem Wiederaufbau der Kapelle. Die Beschaffung von Instrumenten und Noten war aber lei-der alles andere als einfach. Da aber auch der Stadtrat großen Wert darauf legte, dass es wieder eine Stadtkapelle in Pfaffenhofen gab, scheute Max Weinberger keine Mü-hen, wieder junge Leute auszubilden. Seitdem stellt die Stadt Pfaffenhofen Proben-räume zur Verfügung.

Die ersten Auftritte nach dem Krieg waren recht spärlich, aber allmählich wurde wie-der mehr gefeiert und die Stadtkapelle spielte bei den verschiedensten Anlässen. Weinberger kämpfte um Anerkennung und Eingliederung in das kulturelle Leben der Stadt, allerdings mit wechselndem Erfolg. Nachdem sich der damalige Kulturreferent Brückl persönlich bei mehreren Probenbesuchen davon überzeugt hatte, dass die Mu-siker musikalisch und körperlich in der Lage waren, das Volksfest durchzustehen, durften sie seit 1954 regelmäßig die ersten drei Tage auf dem Volksfest spielen.
Max Weinberger bemühte sich, die Musiker zu fordern und das Niveau der Stadtkapel-le zu steigern, bis er 1972 in den wohlverdienten Ruhestand ging. Zu seinem 100. Ge-burtstag im Jahr 2004 bekam eine Straße in Pfaffenhofen sogar seinen Namen.

Max Weinbergers Nachfolger wurde der damals amtierende Chorregent Friedrich Huntscha, der, wie auch sein Vorgänger, eingefleischter Kirchenmusiker war. Aber leider stand er der Blasmusik etwas reserviert gegenüber. Aus diesem Grund gab er die Leitung der Stadtkapelle im Sommer 1975 an Max Weinberger zurück. Dieser konnte sich nun einen schon lange gehegten Wunsch erfüllen – die Gründung eines Spielmannszuges und eine neue Tracht für die Musikanten. So wie wir heute gekleidet sind, war es der Vorschlag vom damaligen Bezirksheimatpfleger Rattelmüller. Er woll-te die Buben optisch attraktiver sehen als die ganzen anderen Kapellen mit schwarzer Hose und grünem Leiberl.
Bereits im Dezember 1976 genehmigte der Stadtrat zusätzlich zur Tracht auch noch bereitwillig den Kauf von Trommeln, Flöten und Fanfaren. Corpsführer war Anton Hirschberger sen., der dieses Amt mit großer Freude und Idealismus bis zu seinem Tod im Mai 2007 ausführte.

Der erste Auftritt des neu gegründeten Spielmannszuges war am 26. Mai 1977. Er marschierte mit der Stadtkapelle zum Rathaus und gab dort ein Standkonzert. Der Stadtrat unterbrach dafür sogar seine Sitzung und bewunderte die neue Tracht und den tollen Einstand des Spielmannszuges.
In diesem Jahr folgte auch noch die Gründung des Vereins. Gründungsvorstand war Josef Scherer. Ihm folgten im Laufe der folgenden Jahrzehnte im Amt des Vorstandes Franz Gary, Heidi Schätz, Heinz Zehnter, Angelika Stolz und seit Februar 2012 Kornelia Walter.

Nachfolger von Max Weinberger als neuer Kapellmeister wurde Josef Seigner, der von 1978 bis 1984 die musikalische Leitung der Stadtkapelle und des Spielmannszuges innehatte. Ein Auftritt der ganz anderen und neuen Art war 1981 das Frühjahrskon-zert. Dieses ist seitdem ein nicht mehr wegzudenkender Höhepunkt in unserem musi-kalischen Jahresablauf und findet traditionell am „Palmsamstag“ statt. Weil wir uns für dieses Ereignis ganz besonders gut vorbereiten wollen, halten wir seit 1990 jedes Jahr vier Wochen vor dem Konzert ein Probenwochenende ab, seit einigen Jahren im Kloster Strahlfeld in der Oberpfalz.

Ein weiteres Highlight in der Vereinsgeschichte war das Musikfest zum 60jährigen Bestehen der Stadtkapelle vom 7.-9. Mai 1982. 45 Kapellen und Spielmannszüge, d.h. 1510 Musikanten, verwandelten Pfaffenhofen in eine klingende Stadt.
1983 erfolgte dann der Beitritt zum Musikbund von Ober- und Niederbayern, kurz MON. Das alles war noch in der Amtszeit von Josef Seigner, in die auch die Gründung der Jugendstadtkapelle fiel.

Am 1. Januar 1984 übernahm der junge Auwi Geyer den Taktstock. Er wurde buch-stäblich ins kalte Wasser geworfen. Am 6. Januar begann die Schäfflersaison, erst-mals mit musikalischer Begleitung der Stadtkapelle. Dies war der Beginn einer sehr intensiven Freundschaft zwischen den Musikanten und den Schäfflern. Heuer war es die mittlerweile 5. Saison, die wir zusammen bei eisigen Temperaturen, Wind, Regen aber auch Sonnenschein überstanden haben.
Unter der neuen Leitung begann die Stadtkapelle nun auch konzertante, sehr hoch-wertige Blasmusik zu machen. Dies konnten wir bei zahlreichen Wertungsspielen zur Genüge unter Beweis stellen.
In Auwi Geyers Amtszeit fiel auch die Gründung der Big Band, die unser musikali-sches Spektrum sehr erweitert und immer sehr gut beim Publikum ankommt.

An dieser Stelle seien auch viele schöne Reisen erwähnt, die wir unter seiner Leitung unternommen haben: mehrmals nach Berlin, zum Oktoberfest nach München, nach Lindau an den Bodensee, in den hohen Norden nach Quickborn bei Hamburg, nach Bonn, Hannover, Speyer, nach Pfaffenhofen in Tirol, nach Würflach in Niederöster-reich und sogar nach Italien – um nur einige zu nennen.
Bei diesen Reisen hatten und haben wir immer eine schöne Zeit und uns ging es sehr gut. Darum möchten wir mit unserer Musik auch den Menschen eine Freude machen, denen es nicht so gut geht. So wurde 1990 zusammen mit der Liedertafel das Wohltä-tigkeitskonzert ins Leben gerufen, das jedes Jahr in der Adventszeit stattfindet. Der Erlös kommt immer der Aktion „Vorweihnacht der guten Herzen“ zu Gute.
Im gleichen Jahr fand auch erstmals eine Musikermesse statt, die seitdem ebenfalls fester Bestandteil in unserem Jahresprogramm ist.

Einer der absoluten Höhepunkte in der Vereinsgeschichte war sicherlich das 9. Bun-desmusikfest des MON im Mai 1992. Anlass waren das 70jährige Vereinsjubiläum, zusammen mit 15 Jahren Spielmannszug. Geboten wurde an vier Tagen alles, was Musik zu bieten hat: Blasmusik, Volksmusik, Tanzmusik, Big-Band-Musik, Wer-tungsspiele, ein Preisträgerkonzert und als krönender Abschluss ein Festzug mit Mas-senchor mit 60 Musikkapellen aus D, Ö und Tschechien.

Der legendäre Satz des damaligen Landrats Dr. Scherg „Wenn wir schon Geld für die Jugendförderung einsetzen, dann bezahle ich lieber Musiklehrer als Drogenberater“ ist gerade heute, 20 Jahre später, aktueller denn je. Er traf damit genau die Linie, die die Stadtkapelle bis heute verfolgt: Heranführen der Jugend ans aktive Musizieren.
1992 war ein sehr ereignisreiches Jahr. Hans-Heiner Bettinger übernahm am 01. Ja-nuar 1992 zunächst für fünf Jahre die Leitung der Jugendstadtkapelle, bis er sich im Oktober 1997 aus beruflichen Gründen wieder verabschieden musste. Nach ihm übernahm Martin Ott den Dirigentenstab, bis ihn Hans-Heiner am 01. Mai 2003 wie-der ablöste und dieses Amt bis zum Sommer 2012 ausübte (seitdem leitet Manfred Leopold, der Dirigent der Stadtkapelle, auch die Jugend).

Die einen kommen, die anderen gehen. 1999 verlor die Stadtkapelle ihren Auwi Geyer ganz an die Musikschule. Seit 1984 hatte er sie ja parallel zur Stadtkapelle geleitet.
Die Suche nach einem neuen Dirigenten war ein voller Erfolg. Beim Frühjahrskonzert 1999 wurde er der Öffentlichkeit vorgestellt. Es war Manfred Leopold, ein Vollblutmu-siker mit Leib und Seele.
Eines der großen Events unter seinem Dirigat waren 2002 die Europatage der Musik. Anlässlich des 80jährigen Jubiläums der Stadtkapelle und des 25jährigen Geburtsta-ges des Spielmannszuges waren wieder Musikgruppen aus vier osteuropäischen Län-dern zu Gast in Pfaffenhofen. Sie kamen aus Polen, Ungarn, Tschechien und Russ-land.

Bei vielen Festzügen sind wir eine gern gesehene und eingeladene Formation. Das hat sich mittlerweile auch über die Grenzen Bayerns und Deutschlands hinaus herumge-sprochen – bis nach Italien. Wie heißt es so schön: Alle Wege führen nach Rom. Uns führten sie im Mai 2007 dorthin, zur Benedikt-Parade. Wir durften dort zu Ehren un-seres bayerischen Papstes Benedikt XVI. aufspielen. Sogar bei einer Messe im Peters-dom durften wir ganz vorne mit dabei sein.
2008 wurde uns eine besondere Ehre zuteil. Zwar sind wir schon 2001 beim Trachten- und Schützenzug im Rahmen des Oktoberfestes mitmarschiert, doch nun durften wir ihn anführen – hinter der berittenen Polizei und dem Münchner Kindl. Und zogen auf die Wies‘n ein.

Am 25. Mai 1961 war im Pfaffenhofener „Ilmgau-Kurier“ zu lesen:
„So manche Kapellen sind gekommen und gegangen, aber die Stadtkapelle hat sich zu aller Freude stets gehalten. Möge diese Freude an der Musik auch weiterhin bleiben.“

Diana Horváth

Autor:

Stadtkapelle & Spielmannszug Pfaffenhofen eV. aus Pfaffenhofen

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