„Spielzeug für große Kinder“: Von den schwierigen Anfängen des Radfahrens in Pfaffenhofen

Landpartie von Pfaffenhofen aus in das Umland (um 1925)
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Seit über 100 Jahren sind Fahrräder wesentlicher Bestandteil des Straßenverkehrs und ein wichtiges Verkehrsmittel der Gegenwart. Im Jahr 1817 in Frankreich entwickelt und zunächst nur sporadisch in der Öffentlichkeit zu sehen, dauerte es bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert, als die ersten Zweiräder in Pfaffenhofen in den Straßen auftauchten.

Der „Velocipd-Club“ als treibende Kraft
In der Stadt, die sich ab den 1860er Jahren in einer Phase des Umbruchs und der Modernisierung befand, waren im Jahrzehnt nach der Eröffnung der Eisenbahnlinie (1867) als nächstes modernes Verkehrsmittel die ersten Hochräder zu sehen. Zunächst von der Bevölkerung argwöhnisch beäugt, gründeten Fahrradpioniere am 26. Mai 1882 einen Verein, den „Velociped-Club Pfaffenhofen“. Wenige Monate später richteten die Mitglieder im September erstmals ein eigenes Rennen aus, das über zwei Runden à 6 Kilometer führte und vom Sieger mit einem Durchschnittstempo von 30 km/h absolviert wurde.

Fahrradhändler in der Stadt machen das Rad zum Verkehrsmittel Nummer 1
Durch die Aktivitäten des sehr aktiven „Velociped-Clubs“ stieg das Interesse an Rädern. Obwohl anfangs noch mit einem Preis von anfangs rund 300 Mark (damals etwa vier Monatslöhne eines Handwerkers) sehr teuer, sorgten die am Ort ansässigen Fahrradhändler und Mechaniker mit einem guten Angebot renommierter Marken wie Hillmann, Dürkopp und Opel im ausgehenden 19. Jahrhundert für den Durchbruch des Fahrrads in Pfaffenhofen.

Emanzipation des Fahrrads vom „Spielzeug für große Kinder“ zum ernst zu nehmenden Verkehrsmittel
Anfänglich sahen sich die ersten „Velozipedisten“ vielfach Anfeindungen ausgesetzt. Das ungewohnt hohe Tempo von 15 bis 20 km/h, das jetzt auf den Straßen Einzug hielt, erschreckte manchen Bewohner, der das ruhige Fuhrwerks- und Fußgängertempo gewohnt war. Vereinzelt fuhren Velozipedisten „mit rasender Geschwindigkeit“ Fußgänger um und gefährdeten die Spaziergänger auf Pfaffenhofens Straßen.

Ortspolizeiliche Vorschriften zur Regelung des Fahrradverkehrs
Schon im Jahr 1895 war es deshalb notwendig, seitens der Stadt Regularien zu entwerfen, um den Fahrradverkehr in geordneten Bahnen zu halten. So durften die Kirchen-, Nusser- und Salverbräugasse sowie die Bereiche der Stadtmauer und die Promenadewege überhaupt nicht benutzt werden. Es war in langsamem Tempo zu fahren, beim „Umbiegen um Straßenecken“ sowie beim Überholen musste mit der Glocke oder einer Pfeife Zeichen gegeben werden und bei eintretender Dämmerung war „an der Maschine“ eine beleuchtete Laterne zu befestigen. Übertretungen ahndete die Stadtpolizei gemäß den Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuches mit einer Geldstrafe von 60 Mark oder bis zu 14 Tagen Haft.

Der große Wert der Fahrräder in den Nachkriegsjahren
Das Fahrrad blieb für Jahrzehnte das in allen Bevölkerungsschichten meist verwendete Fortbewegungsmittel. Motorisierte Zweiräder oder gar Automobile erlangten erst im Lauf der 1950er Jahre große Verbreitung. In den ersten Nachkriegsjahren waren Fahrräder von besonderem Wert, um an andere Orte und vor allem an Bahnhöfe zu gelangen und von dort mit dem Zug die Großstädte zu erreichen. Zweiräder wurden in den späten 1940er Jahren zum Diebstahlgut Nummer 1. In dieser Zeit boomte deshalb auch das Geschäft mit Einstellhallen, wo man gegen eine Gebühr seinen Drahtesel bewacht abstellen konnte.

Trotz Massenmotorisierung behauptet das Fahrrad seinen Platz
Das Fahrrad blieb auch in der Zeit der Massenmotorisierung ein wichtiges Verkehrsmittel und behauptete seinen Platz im Straßenverkehr, in den letzten Jahren auch in Form von E-Bikes und Pedelecs. Im Zuge der immer stärkeren Verdichtung im Straßenverkehr trug der in den letzten gut zwei Jahrzehnten erfolgte Bau von Fahrradwegen in der Stadt und ihren Ortsteilen zu Sicherheit und Freizeitwert des Radelns bei.

Autor:

Stadtarchiv Pfaffenhofen an der Ilm aus Pfaffenhofen

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